Es ist vielleicht einer der skurrilsten Übersetzungsfehler der Geschichte: Das lateinische „Cantantibus organis Caecilia Domino decantabat“ in der Heiligenlegende St. Cäcilias wurde missverstanden, und statt „organis“ nahm man „organum“ für gegeben an. Schwupps: Schon ward die heilige Cäcilia zur Patronin erst der Kirchenmusiker gekürt, später zur Patronin der Musik und der Musiker schlechthin. Die meisten Darstellungen zeigen sie orgelspielend – der alte Übersetzungsfehler lässt grüßen!
Wie dem auch sei: Seit jeher ist Cäcilia als Schutzheilige der Musik natürlich vor allem auch bei Komponisten gut angekommen. Interessanterweise entwickelte sich vor allem in Großbritannien ein regelrechter Kult um den Gedenktag der Heiligen, der auf den britischen Inseln mit aufwendigen Musikdarbietungen (zumeist durch Chöre) feierlich begangen wird – und das bereits seit Jahrhunderten!
Auf der fantastischen CD „Hymns to St Cecilia“ sind Kompositionen vom 19. bis zum 21. Jahrhundert versammelt, die sich alle dem Ehrerbieten an die heilige Cäcilia widmen. Und dabei ist die Créme de la Créme der britischen Komponisten vertreten: Von Edward Elgar über Ralph Vaughan Williams, Herbert Howells, Benjamin Britten, Arthur Bliss bis hin in unsere Tage zu Komponisten wie James MacMillan, John Gardner und Gabriel Jackson.
The Choir of Royal Holloway unter Leitung Rupert Goughs legt hier nicht nur eine äußerst empfundene und absolut makellose Leistung hin, sondern bekommt auch noch aufsehenerregend prominente Unterstützung durch niemand Geringeres als Dame Felicity Lott, die auch mit ihren nunmehr 67 Jahren noch zeigt, dass sie definitiv nicht zum alten Eisen gehört.
Kurz und gut: Dieses Album ist hochgradig inspirierend. Vermittelt es doch nicht nur einen absolut frappierenden Einblick in die britische Chormusik der letzten zwei Jahrhunderte. Es zeigt auch, mit wie viel Inbrunst und Hingabe selbst als eher „säkular“ bekannte Komponisten Musik schrieben, wenn es um die Ehrerbietung für die heilige Cäcilia ging. Man könnte meinen, in vielen dieser Stücke würde der Musik selbst gehuldigt. Nikolaus Harnoncourt nannte die Musik sinngemäß einmal einen „Strahl des Göttlichen, der in unser weltliches Leben scheint“, und das fasst diese CD vielleicht besser zusammen, als man es mit vielen anderen Worten beschreiben könnte.
Dank des britischen High Quality-Labels Hyperion ist auch der Sound ausgezeichnet ausgefallen, sodass man eine Natürlichkeit des Klangeindrucks erhält, die man auf anderen Chormusik-CDs leider allzu oft mit der Lupe suchen muss. Großartig!