Die Tage werden unterschieden, aber die Nacht hat einen einzigen Namen, ist bei Elias Canetti zu lesen. Ein Name und viele, viele Gesichter. Stephen Hough zeigt es uns in seinem Nachtprogramm, das er mit Schumanns feurig-aufgewühltem ‘In der Nacht’ aus den Fantasiestücken beginnt. Damit kontrastiert der erste Satz aus Beethovens ‘Mondscheinsonate’, voller Zärtlichkeit gespielt und kontinuierlich gesteigert, auch durch den zweiten Satz hindurch, bis zum finalen Presto agitato. Zwei Chopin-Nocturnes folgen dann, die Nacht im Lyrisch-melancholischen wie im Drama, im Ruhig-Intimen wie im Tragischen erkundend.
Houghs eigene Sonate, ‘Notturno luminoso’, ist ein jähes Nachtstück, ein Notturno der Großstadt, die nie schläft, in der nachts die Lichter grell aus Neon, Autoscheinwerfen und sonstigen unruhigen Quellen leuchten.
Manch einer mag sich fragen, was Schumanns ‘Carnaval’ in diesem Nachtprogramm zu suchen hat, aber ich sehe das Stück in der ganz besonders gestischen Interpretation von Stephen Hough irgendwie als Verlängerung seines Großstadtnotturnos, in dem er sich nicht länger auf das Ganze konzentriert, sondern einzelne Figuren und Szenen herausgreift, die ihm besonders charakteristisch zu sein scheinen. Wie auch immer, seine Interpretation dieses Werks halte ich für eine der hinreißendsten, die ich je gehört habe.