Carsten Dürer
Piano News, Germany
September 2016
PERFORMANCE
RECORDING

Warum sich erst in den vergangenen Jahren immer mehr Pianisten Béla Bartók zuwandten, ist kaum zu erklären. Nun hat sich auch der Franzose Cédric Tiberghien dem ungarischen Komponisten gewidmet. Doch schon in der Suite Op. 14 erkennt man, dass der Pianist den Ideen von Bartók etwas überzustülpen versucht, die eignene Sichtweise auf das Werk dem Nidergeschribenen gegenüber als wichtiger ansieht. Sicherlich lassen sich zahlreiche Dinge in Bartóks Werken interpretieren, aber letzsendlich hat kaum einer seine Werke so genau augfeschrieben wie er. Doch das wäre die Sichtweise von orthodoxen Verfechtern des Geschriebenen. Denn letztendlich ist das Spiel Tiberghiens durchaus spannungsgeladen, hochvirtuos und drängend. So auch in dem Zyklus Out of Doors. Allerdings haben wir von Bartók selbst etliche tonliche Einspielungen dieser Werke, die volkommen anders geartet, ja weitaus direkter und weniger gestaltet daherkommen. Doch ist dies nicht auch bei Rachmaninow so gewesen und dennoch akzeptieren wir das heutige Spiel? Tiberghien sucht und findet neue Klangfarben in der Musik Bartóks. Allerdings sind die Ungarischen Volkslieder dann doch zu betont romantisiert und weniger klar in ihrer Aussagekraft festaltet. Und besonders bei den Stücken aus Bartóks Lehrwerk schlechtin, dem 6. Band von Mikrokosmos, muss man doch zugeben, dass Tiberghien sich zu viele Freiheiten in Rhythmik und Agogik nimmt. Eine Einspielung, die eine moderne Bartók-Sicht schürt, aber nicht immer überzeugend ist.

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