PERFORMANCE
Steven Osborne lässt viel Raum für plötzliche Brüche, selbst in dem doch überwiegend ruhigen Frühwerk „Intermission 5“ von Morton Feldman, für das der schottische Pianist sogar etwas mehr Zeit beansprucht als andere Pianisten. Ein Hang zu straffer Gestaltung prägt das aparte Werk „Processional“ von George Crumb in Osbornes sensibler Interpretation. Das Stück klingt hier wie ein Auf- und Ableuchten kurzer Abschnitte, die der Hörer gezwungen ist schnell zu erfassen, um ja nichts vom Zauber des Augenblicks zu verpassen. Gerade bei Crumb ist ja der Wille zum Kontrast, zur Spaltung und zur Auflösung einzelner Elemente noch viel größer als bei Feldman. Sein Stück „Processional“, das der Komponist einmal als ein „Experiment in harmonischer Chemie“ bezeichnet hat, wirkt wie eine fortlaufende Variation des Fragmentarischen. Dies alles allerdings mit viel Sinn für Lyricshe und Kantable, das stets einem imaginären Ziel entgegeneilt. Osborne überzeugt dabei mit ausgefeiltester Anschlagskultur, lässt manche Akkorde ruhig verklingen und baut neue Strukturen organisch wieder auf. Man hört seiner Interpretation dieser beiden Klassiker der amerikanischen Neuen Musick aber auch an, dass sein Still tief in der Klaviermusik des beginnenden 20. Jahrhunderts verwurzelt ist. Wir erinnern uns nur an seine großartige Messiaen-Einspielung der „Vingt Regards sur l´enfant Jésus“ oder an seine ausgezeichneten Mussorgsky-und Prokofiew-Einspielungen. Apart, farbenreich und teilweise auch verspielt-fantasievoll klingt George Crumbs „Little Suite for Christmas, A.D. 1979“.