RECORDING
Nicolas Altstaedt und das Ensemble Arcangelo unter Jonathan Cohen legen eine mitreißende Aufnahme von C.P.E. Bachs Cellokonzerten vor.
Hergebrachterweise fällt einem vielleicht nicht gerade Carl Philipp Emanuel Bach ein, wenn es um das Konzertrepertoire für Violoncello geht. Indes sind manche Musikwissenschaftler, ausgehend von einem Eintrag im Nachlassverzeichnis des Komponisten, der Ansicht, dass sich hinter dreien seiner Cembalokonzerte eigentlich solche für das Streichinstrument verbergen. Könnte es einen klingenden Beweis für solche Thesen geben—der Cellist Nicolas Altstaedt und das Ensemble Arcangelo unter Leitung von Jonathan Cohen hätten ihn geliefert. So selbstverständlich und idiomatisch fließen Ersterem die Soloparts aus den Fingern, von so zwingender musikalischer Schlüssigkeit ist das Ganze der Aufnahme, dass man sich bei der Frage ertappt, wie man diese Stücke jemals für etwas anderes denn für Cellokonzerte hat halten können.
Nicht zum mindesten beeindruckt die kongeniale Übereinstimmung zwischen den Musikern—Altstaedt formt seinen Part in dichtester Fühlung mit den Musikern von Arcangelo, die ihrerseits höchst präsent und flexibel im Wechselspiel mit dem Solisten agieren. Eine eindrucksvolle interpretatorische Geschlossenheit ist daher das Kennzeichen dieser Aufnahme, die überall pulsiert, ungemein beredt und lebendig ist.
Getrennt von Solisten und Orchester zu sprechen, verbietet sich daher eigentlich—und dennoch kann man nicht umhin, die Eleganz von Altstaedts Spiel besonders zu rühmen, dessen sinnlich-legeren, aber ungeheuer intensiven Duktus, den treffend ausgespielten Facettenreichtum, die Dichte und expressive Kraft der Tonbildung. Die Basis ist ein voll singender Ton, der in Richtung eines fetzigen Staccato (etwa im a-moll-Konzert) ebenso wandelbar ist wie in die eines breit-behaglichen Sich-Aussingens (man höre das unüberbietbar charmante erste Solo im Finalsatz des B-Dur-Werks!).
Das Ensemble Arcangelo unterstützt diese beseelte Rhetorik mit Verve. Kommt das dem Solo bemerkenswert kontrastierende Ritornell im B-Dur-Finalsatz leichtfüßig und spritzig daher, evoziert der Kopfsatz des Konzertes a-Moll druckvoll schroffe Gestik, verweist deutlich auf den Stil des Sturm und Drang. Schön, dass man sich gerade in diesem Fall traut, statt auf ein gleichsam kammermusikalisch schlankes Klangbild auf orchestrale Wucht zu setzen—der Stilistik des Werkes ist das absolut angemessen, zumal die Entscheidung für das größere Klangvolumen bei diesem Ensemble nicht bedeutet, dass man auf Werte wie Agilität und Biegsamkeit verzichten müsste. Wie flexibel das Ensemble in seinen interpretatorischen Entscheidungen ist, zeigt sich dann wiederum an dem sonnigen, lichtvoll-transparenten Tonfall, den man in den beiden Konzerten in Dur-Tonarten und zumal dem in A-Dur anschlägt. Kurzum: Hier liegt eine interpretatorisch mitreißende, auf höchstem Niveau musizierte Einspielung vor, die unzweifelhaft das Potenzial zur Referenzaufnahme hat.