Mozarts sechzehn Jugendsonaten für Klavier mit Begleitung ad libitum wurden, so würde man heute sagen, fürs Marketing komponiert, wohl mit väterlicher Nachhilfe. Immerhin gingen sie als seine ersten Veröffentlichungen in Druck. Das Wunderkind war acht Jahre alt, als es 1764 mit Familie in London eintraf. Der erste Satz aus der kurzen G-Dur-Sonate KV 11, die Mozart samt fünf weiteren der britischen Königin Charlotte widmete, zum Gegenwert von 50 Guineen, ist eine schlicht vor sich hin sequenzierende Tonsatzübung, darin die lediglich stimmenverdoppelnde Violine tatsächlich entbehrlich wäre. Erst der interpolierte Moll-Teil des Allegros zeugt von einer kompositorischen Idee. Kein Wunder, dass man diese frühen Sonaten nur vom Hörensagen kennt, sie werden so gut wie nie aufgeführt oder eingespielt. Für Anne-Sophie Mutter etwa beginnt das Violinsonatenwerk Mozarts überhaupt erst bei KV 301, sie wählte sich dafür denn auch einen deutlich untergeordneten Klavierpartner.
Gleichberechtigt, vom diskursiven Geist der Kammermusik beseelt und gleichwohl betörend brillant musiziert das Duo Alina Ibragimova und Cédric Tiberghien. Die beiden haben die aufgehobene Hierarchie schon im historisch korrekten Titel ihrer preisgekrönten Edition aller Mozartschen «Sonaten für Klavier und Violine» deutlich gemacht, die jetzt mit Folge 5 ihren Abschluss findet. Gleichberechtigt stehen hier auch die Wunderkind-Sonaten neben den Werken aus späteren Jahren, im Wechsel mit sämtlichen Variationen, Einzelsätzen und Fragmenten. So weist eines zurück oder auch voraus aufs andere, und wir lernen Mozart von neuen Seiten kennen, mit dem grössten Vergnügen.