Konzerte abseits der ausgetretenen Pfade von Dvořák und Elgar zu entdecken, das ist das Anliegen der CD-Serie 'Das romantische Violoncellokonzert' des Labels Hyperion. Der Cellist Alban Gerhardt hat dafür bereits Konzerte von Dohnányi, Enescu, Albert, Volkmann, Dietrich und Gernsheim eingespielt.
Ganz frisch kommen jetzt als Folge 4 die drei Cellokonzerte von Hans Pfitzner auf den Markt. Die Konzerte sind zwar fast alle erst in den 1930er- und 40er-Jahren entstanden, aber bewegen sich ganz in der spätromantischen Klangsprache.
Hans Pfitzner ist aufgrund seiner politischen Gesinnung eine nicht unproblematische Gestalt der Musikgeschichte. Sein Cellokonzert op. 52 vollendete er 1943—mitten im Zweiten Weltkrieg, zu einer Zeit, in der er öffentlich um die Gunst Adolf Hitlers buhlte. Gerhardt entschied sich trotzdem dafür, Pfitzners Musik aufzunehmen. „Ich habe auch jüdische Vorfahren, deswegen nehme ich das als Freibrief dafür, dass ich ein bisschen Pfitzner spielen darf,“ findet Gerhardt.
Vor allem für seine Vokalwerke wie die Oper Palestrina wurde Pfitzner bekannt. Und auch das Cello lässt er in den Konzerten singen, wie in dem 1888 noch zu Studienzeiten geschriebenen Cellokonzert a-Moll. Das Werk verschwand in der Schublade. Erst 1977 wurde es uraufgeführt und verlegt.
Das gesangliche Thema aus dem Konzert ließ Pfitzner allerdings nicht los, und er verwendete es 1943 erneut, im Cellokonzert op. 52. Reifer klingt dieses Konzert, abgeklärter, und es ist streckenweise geradezu kammermusikalisch komponiert.
„Es gibt ein paar Schwachstellen,“ bemerkt Gerhardt, „und ich dachte, da kann man vielleicht interpretatorisch ein bisschen was tun. Zum Beispiel eine Kadenz, wo nur Cello und Klarinette spielen; da schreibt Pfitzner ein ziemlich langsames Tempo vor. Und da das einfach so schwach geschrieben ist, habe ich da fast das doppelte Tempo genommen. Und da ist es dann, finde ich halbwegs erträglich.“
„Bei diesen Komponisten—wenn man böse ist—'zweiter Klasse' hilft es nicht viel, notengetreu zu sein,“ so Gerhardt weiter. „Im Endeffekt ist es meine Aufgabe als Interpret, das Stück so gut wie möglich zu präsentieren, auch wenn der Komponist damit vielleicht sogar etwas Anderes vorhatte.“
Eine diskussionswürdige Haltung. Aber Gerhardt und das Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin unter Sebastian Weigle haben zu einer in sich durchaus stimmigen Interpretation gefunden.
Ein echter Hinhörer ist das Duo op. 43 für Violine, Cello und kleines Orchester, das bisher in nur wenigen Einspielungen vorliegt. Diese ist wirklich gut geglückt, was auch daran liegen mag, dass die beiden Solisten einander so nah sind: Die Geigerin Gergana Gergova ist Gerhardts Ehefrau. Das passt zu dem schwärmerischen, fantasievollen und weit ausgesponnenen Dialog, der streckenweise an ein Liebesduett erinnert.
Diese CD beweist, dass die Auseinandersetzung mit Hans Pfitzner durchaus lohnend ist.