Hans-Dieter Grünefeld
Piano, Germany
März 2014
PERFORMANCE
RECORDING

Für vernachlässigtes Repertoire hat der kanadische Pianist Marc-André Hamelin seit je einen Spürsinn. Und er hat sich nun der Aufgabe gewidmet (Dank sei ihm gewiss), das bisher nur vereinzelt erschlossene Konvolut der späten Klaviermusik von Ferruccio Busoni in üppiger Auswahl zu präsentieren. Das Stilspektrum des eigenwilligen Modernisten ist enorm, und Marc-André Hamelin gelingt, alle Facetten in exzellenten Interpretationen darzustellen. Beginnend mit dem Zyklus der Elegien, die 'Nach der Wendung' in ahnenden Gefühlsbässen schürfen und andere Miniaturformen wie Choral und Walzer abdecken, brilliert er dann mit glitzernden Timbres der 'Nuit de Noël'. Die Fantasie nach Bach erscheint in anmutig ondulierenden Lineaturen, während für die 'Kanonischen Variationen und Fuge' ein strenger Duktus bevorzugt wird, jovial springend dagegen 'Gigue, Bolero und Variationen', und schon ist man wieder bei grübelnder Polyphonie etwa der Sonate Nr. 1. Weder das 'Indianische Erntelied' noch dessen Tagebuch-Pendant sind exotisch, sondern in Arpeggio-Impressionen verkompliziert. Stockende Sehnsucht in den drei Albumblättern kontrastiert scharf den wilden Ritt über die Tastatur der Toccata: technische Finessen, die Hamelin auch in einigen Kapiteln aus der Klavierübung ohne Mühe spielt. Auch die dissonanten Schärfen der 'Neun Variationen über ein Chopin-Prélude' kommen bei ihm subtil zur Geltung, erst recht die rasende Skalenakrobatik im 'Perpetuum mobile'. Seiner qualitativ hochwertigen Edition der Klaviermusik von Ferruccio Busoni dürfte deshalb über eine lange Zeit der Referenzstatus sicher sein.