Bachs sechs Suiten für Cello solo sind Markstein oder auch Gipfel für jeden Solisten dieses Instruments. Wenn auch die genauen Umstände ihrer Entstehung bis hin zur diskutablen Zuschreibung für das heutige Cello nicht abschließend geklärt sind, haben sie sich für das moderne Cello etabliert.
Alban Gerhardt hat sich für die Einspielung dieser Werke bis zu seinem fünfzigsten Lebensjahr Zeit gelassen und notiert im Beiheft selber, dass diese Aufnahme trotzdem nur eine Momentaufnahme darstellt. Das ehrt den fleißigen und umsichtigen Künstler, der mit einem weit gefassten Repertoire insbesondere vergessene Kostbarkeiten wieder herausfischt und auch modernes Repertoire pflegt.
Gerhardts Spiel ist deutlich anzumerken, dass er sich mit den Werken beschäftigt hat und die Wege durch die Herausforderungen kennt. Sein auf schönen Ton angelegter Stil zeigt ausdrucksstark die Klasse seines Goffriller-Cellos. Seine Annäherung an Bach gelingt mit diesem kantablen Ansatz sehr geschmackvoll. Doch wird auch ein unterschiedlich starkes Eintauchen in diese Welt gezeigt.
Die Präludien, die einen gewissermaßen improvisatorischen Zug haben, bekommen bei Gerhardt einen quasi spielerischen Charakter, der den der Sätze spiegelt. Die Courante der sechsten Suite spielt er trotz des Tempos mit einem fließenden Gestaltungsgestus und gleichmäßiger Ausformung, die innere Ruhe spiegelt, so dass dieser Satz unmittelbar vereinnahmt. Ähnliches darf man über die abschließende Gigue sagen. Die dazwischen liegenden Gavotten wirken dagegen ein wenig statisch und weniger inspiriert, während sonst die langsameren Sätze eine ausdrucksstarke und trotzdem fein gezeichnete Gesanglichkeit bekommen. Andere schnelle Sätze, wie die Gigue der vierten Suite, lassen ein wenig die innere Ruhe vermissen. Dabei ist Ruhe nicht mit einem langsamen Tempo zu verwechseln. Gemeint ist vielmehr, auch in schnellen Tempi eine metrische Prägnanz in Phrasen zu behalten, die die Leichtigkeit der Darstellung wahrt. Dass Gerhardt das alles kann, beweist er auch vielerorts.
So ist sein enger Kontakt mit den Cello Suiten von Bach—unterstützt durch die technische Begleitung mit wenig Hall, aber Wärme—eine spannende Herangehensweise, die mit ihrer ehrlichen Aussage fesselt.