Mit dem mittlerweile 22. Teil der CD-Reihe „The Romantic Violin Concerto“ legt das Label Hyperion erneut drei Einspielungen vor, die daran gemahnen, wie beschränkt das heute allseits erklingende Konzertrepertoire ist und wie sinnvoll es erscheint, den oft zu Unrecht vergessenen Werken der Vergangenheit nachzuspüren. Sekundiert vom BBC Scottish Symphony Orchestra unter Leitung von Antony Hermus widmet sich der Geiger Linus Roth zunächst dem 1888 entstandenen Violinkonzert D-Dur op. 87 von Eduard Lassen (1830–1904). Bereits das eröffnende Allegro moderato verrät, dass die Musik den Aspekt des Dramatischen weitgehend meidet und sich vorzugsweise dem lyrischen Melos verschreibt. Mit geschmackvoll eingesetzten Portamenti passt Roth in den Rahmensätzen seinen Vortrag den Erfordernissen der kantablen Stilistik an, verleiht den melodischen Phrasen und ihren vielfachen Verzweigungen durch gekonnte Farbveränderungen unterschiedliches Gewicht, bringt aber auch das immer wieder eingestreute Passagenwerk souverän zur Geltung. Am unmittelbarsten zeigen sich die Fähigkeiten des Geigers im Andante cantabile, wo er die Kantilene voller Eleganz über einer vom Orchester getupften, walzerartigen Begleitung schweben lässt, um dann in kontrastierenden Abschnitten ein klangvolles Doppelgriffspiel zu entfalten. Dass das Konzert trotz des einnehmenden Solovortrags in seiner Gesamtheit nicht recht überzeugt, liegt an der Zurückhaltung des Orchesters, die den weitgehend auf Kontraste verzichtenden musikalischen Duktus zu einer relativ statischen Angelegenheit werden lässt. Die Musiker bleiben selbst dort zurückhaltend, wo sich—wie in den kurzen Tremolopassagen des Kopfsatzes—dramatische Akzente setzen ließen, lassen darüber hinaus aber auch den Mut zu einer flexibleren dynamischen Gestaltung zwecks stärkerer Profilierung des Klangergebnisses vermissen. Einen positiveren Eindruck hinterlässt demgegenüber das 1894 komponierte Violinkonzert G-Dur op. 95 von Ludwig Philipp Scharwenka (1847–1917). Auch hier formt Roth den Solopart unter gekonntem Einsatz von Agogik ausgesprochen plastisch, wobei er umsichtig genug ist, in den emphatischen Abschnitten von Kopfsatz und Finale sein klangvolles Vibrato nicht übermäßig zu strapazieren. Insbesondere das Andante tranquillo, stimmungsmäßig komplexes Herzstück des Werks, profitiert vom engagierteren Vortrag der Orchestermitglieder, wodurch der Solopart vielerorts fein abgetönte orchestrale Resonanzen erzeugt und sich in kammermusikalischer Manier einem Miteinander melodischer Phrasen und Motive fügt. Fulminanter Schlusspunkt der Einspielung ist das kurze, einsätzige Violinkonzert (1943/44) von Rued Langgaard (1893–1952), dessen musikalische Besonderheiten—eine rhythmisch prägnante Motivik sowie die Integration eines Klavierparts in das Orchester—die Mitwirkenden zu Höchstleistungen anspornen.