Ich sagte: ‘Heute höre ich mir eine CD mit Musik von Feinberg an’. ‘Ja’, sagte mein Gegenüber, ‘Weinberg ist ein faszinierender Komponist’. Von Feinberg, so stellte sich heraus, hatte er noch ne was gehört. Nun, das verwundert nicht, denn in den Konzertprogrammen ist er so gut wie nie anzutreffen, und Schallplatten gibt es auch nur wenige.
Der Russe Samuil Feinberg (1899-1962) wurde vom Stalin-Regime unbarmherzig niedergedrückt und hat sich noch nicht davon erholt. Der Scriabin-Nachfolger war übrigens nicht nur Komponist, er galt auch als ein Liszt-würdiger Pianist. Als Pädagoge war er geschätzt.
Samuil Feinbergs Sonaten kannte ich auch nicht, aber jetzt, wo ich sie bereits mehrmals gehört habe, bin ich davon ganz begeistert. Diese sechs Sonaten sind ein Monument in der Klaviermusik des 20. Jahrhunderts. Und Marc-André Hamelin tut wirklich alles, um sie attraktiv werden zu lassen.
Er lässt sie aufblühen und schmückt sie mit einer wirklich stupenden Virtuosität aus. Einfach atemberaubend ist, welche Fülle an Noten da zu Gehör kommt, welche dynamischen Kontraste Hamelin produzieren kann.
Die verblüffende Rhetorik bleibt aber immer unter der Kontrolle von intellektueller Klarheit. Mehr noch: Hamelin kann auch die Energie mit Sensibilität verbinden, nuancenreich und raffiniert im Farbenspiel, dramatisch und lebendig.
Klangphantasie und vibrierendes Temperament beleben daher Ausdruck und Aufbau im Großen wie im Kleinen.