RECORDING
Was hat er nicht schon alles eingespielt … Der Kanadier Marc-André Hamelin wird nicht müde, neue Alben auf den markt zu bringen. Doch dieses Mal hat er sich dem Klassiker Beethoven zugewandt, um dessen Hammerklaviersonate und die Sonate Opus 2 Nr. 3 zu interpretieren. Fast hat man schon darauf gewartet, dass Hamelin sich auch dem Brocken von Opus 106 nähert. Und wie nur wenige kann er den 1. Satz in unter 11 Minuten bewältigen, ohne dabei auch nur ein Detail zu vernachlässigen. Nein, auch er versucht erst gar nicht, die Metronomangabe (die ohnehin wahrscheinlich falsch ist) einzuhalten. Nein, Hamelin ist nicht hysterisch in seinem Zugang, sondern vermag die Feinheiten so strukturiert zu halten, dass die Struktur durchsichtig und verständlich bleibt und er sie trotz der vielen Brüche nicht zerfallen lässt. Dies kann nur ein Klavierexeget wie Hamelin bewältigen. Ja, alles rauscht und ist dramatisch höchst komprimiert. Aber dennoch vermag er die Schönheiten der Melodieansätze genießen. Die Genauigkeit von Hamelin ist dabei bestechend, jede Note kann man „mitlesen“, die dynamische Ausleuchtung nachvollziehen. Der 2. Satz ist bei ihm wie eine kurze Überleitung zum 3. und dennoch eigenständig in seiner tänzerischen dunklen Aussage. Alles bleibt fließend bei diesem Pianisten, auch der langsame 3. Satz, der bei Hamelin mit fast 19 Minuten nicht zerfasert oder zerfällt, sondern in seiner Klanglichkeit immer fortlaufend gehalten wird. Das ist ganz große Klavierkunst, die hier offenbart wird, allein in der Anschlagnuancierung und den Pedaleinsätzen in der Durchsichtigkeit der Fuge des Finalsatzes. Opus 2 Nr. 3 hat einen ähnlichen Scherzosatz wie Opus 106, nur dass hier weitaus mehr Leichtigkeit und spielerischer Witz gefragt ist. Und genau diesen Unterschied macht Hamelin deutlich. Eine Beethoven-Einspielung, die man gehört haben muss.