Robert Nemecek
Piano, Germany
PERFORMANCE
RECORDING

Paul Hindemiths Klaviersonaten sind im aktuellen CD-Angebot geradezu grotesk unterrepräsentiert. Dabei handelt es sich immerhin—neben dem dem Ludus tonalis und der Suite op. 24—pianistische Hauptwerke des Komponisten. Möglicherweise sind es der zuweilen etwas akkordlastige Satz und die manchmal altmeisterlich wirkende Polyphonie, die eine größere Popularität verhindern. Vielleicht haben die Interpreten—Glenn Gould inbegriffen—den Dreh bei Hindemith aber einfach noch nicht raus. Bei Markus Becker, der die drei Sonaten nun bei Hyperion eingespielt hat, klingt Hindemiths Musik jedenfalls ganz und gar nicht hausbacken. Becker, der durch seine Gesamtaufnahme des Reger'schen Klavierwerks die besten Voraussetzungen mitbringt, weiß nur zu gut, wie man dieser Art von Musik zu Leibe rückt: mit Mut zum Risiko und ohne akademische Tüfteleien. Er weist im Finalsatz der 3. Sonate eben nicht mit erhobenem Zeigefinger auf den Beginn der Doppelfuge hin, sondern lässt die Musik gewissermaßen natürlich dahin strömen. Den Scherzo-Satz spielt er mit so viel groteskem Witz, dass man die Nähe zu Prokofiew spürt, und in den doppelt punktierten Rhythmen des 3. Satzes der 1. Sonate schwingt plötzlich ein gerüttelt Maß an Liszt'scher Grandezza mit. Es ist nicht zuletzt diese schillernde Vieldeutigkeit, die einen Hindemiths Sonaten mit Markus Becker neu hören und entdecken lässt.