In Ernest Blochs Musik kommen die Sehnsucht und die Suche der jüdischen Seele nach eigener Identität zum Ausdruck. Seine Werke sind mit seinen eigenen Wurzeln so eng verwachsen, dass eine Trennung nicht mehr möglich ist. Interpreten von Blochs Musik kann dieses geradezu siamesische Verhältnis zum Verhängnis werden, sollten sie der Versuchung erliegen, den folkloristischen Aspekt in den Vordergrund zu schieben. Natalie Clein ist bei dieser Gratwanderung nicht abgerutscht. Sie hat das nötige Einfühlungsvermögen, die starken, aufwühlenden, dunklen Klangfarben, die gelegentlichen Abstiege in seelische Abgründe mit der herzlichen Heiterkeit der volkstümlichen Klänge fein dosiert zu kombinieren. Hier gibt es keine schmachtende Melancholie und eben so wenig überschäumende Fröhlichkeit, dafür viel Sensibilität, viel Lyrik und schöne dynamische Kontraste und als Zugabe eine nicht minder berührende Interpretation von Max Bruchs Kol Nidrei.